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Minikelch und Patene für die Reise

Schon vor 1000 Jahren wurde auch unterwegs die heilige Messe gefeiert

Der Dichter Angelus Silesius (1624-1677), der in seinem Buch „Cherubinischer Wandersmann“ tiefe geistliche Verse verfasst hat, schreibt in einem Zweizeiler: Ich bitte dich, mein Gott, zwar oft um deine Gaben, doch wisse, dass ich dich, viel lieber selbst will haben. Mit diesem Wunsch drückt der Dichter seine Sehnsucht nach der Begegnung mit Gott aus, die sich auf intensive Weise in der hl. Eucharistie vollzieht. Er weiß um den geheimnisvollen Tausch durch die Menschwerdung Gottes, wenn er sagt: Aus Liebe wird Gott ich, und ich aus Gnaden Er: es kommt ja all mein Heil nur bloß von ihme her. Darum haben die Christen in allen Kirchen am Abendmahl festgehalten, in dem sich Gott den Seinen schenkt. Dieses Herrenmahl wird nicht nur in Kathedralen und Kirchen gefeiert; es folgt den Menschen auch in Ausnahmesituationen - den Jugendlichen im Lager, den Pilgern auf ihren Fahrten oder den Soldaten an der Front.

Der Minikelch für die heilige Messe auf der Reise ist rund 1000 Jahre alt. Ein Blick in die Geschichte lehrt uns, dass auch die Mindener Bischöfe bereits vor 1000 Jahren nicht nur im Dom, sondern auch unterwegs die heilige Messe gefeiert haben. Häufig mussten sie zusammen mit dem Kaiser durch das Land reisen, ihn begleiten und mit seinem Gefolge Gottesdienste feiern. Wie heute die Touristen mit möglichst kleinen elektrischen und technischen Geräten wie Reisefön, Bügeleisen oder Minifotoapparaten auf Reisen gehen, so nahmen auch früher die Bischöfe nur kleines, transportables liturgisches Gerät mit. Die Mindener Domschatzkammer verfügt in einem Minikelch für den Wein und einer Minipatene für die Hostie über solche Kostbarkeiten. In der Literatur wird ein solcher wegbegleitender Kelch „calix viaticus“ genannt.

Beim Wiederaufbau des Domes wurde 1950 ein solches Kleinod mittelalterlicher Kunst in der Vierung gefunden. Kelch und Patene waren als Beigabe in das Grab eines Bischofs gelegt worden. Da aus den Funden weder der Name eines Bischofs noch ein Datum hervorgingen, werden von den Historikern unterschiedliche Entstehungszeiten genannt. Durch Vergleiche mit anderen Grabbeigaben wird sowohl auf das Grab des Mindener Bischofs Eilbert (gestorben 1085) als auch das des Bischofs Thietmar (gestorben 1206) verwiesen. Die romanische Kuppaform des Kelches legt allerdings den früheren Zeitpunkt nahe.

Nur wenige Zentimeter Durchmesser hat die Minipatene für die Hostien-Reichung.Der Kelch, der in Silber getrieben ist, hat eine Höhe von 5,1 Zentimeter; der Durchmesser des Fußes ist 3 Zentimeter und der der Kuppa 3,5 Zentimeter. Der Durchmesser der Patene beträgt 5,5 Zentimeter. Aus diesen Maßen ist das Miniformat dieses liturgischen Reisegerätes zu erkennen. Der Kelch besteht aus einem runden Fuß mit einer schmalen Schrägkante. Der aufsteigende Schaft geht in einen Wulst (Nodus) über, auf dem ein sorgfältig gearbeiteter Ring liegt, der die Kuppe trägt.

Die zugehörige Patene hat einen breiten und glatten Rand. In der vertieften Mitte für die Hostie ist eine Hand - die Hand Gottes - eingraviert. An der Hand ist auch der Ärmel des Gewandes erkennbar. Die Rückseite der Patene umgibt ein gestrichelter Strahlenkranz. Bei der 1200-Jahrfeier des Bistums Minden im Jahre 1999 hat die Domgemeinde ein Plakat erstellt, auf dem diese Patene als Mitte eines Strahlenkreuzes - wie eine Hostie oder wie eine Sonne - abgebildet war (Werner Rösner). Entscheidend für diesen Entwurf, der auch auf allen Briefbögen stand, war nicht nur das tausendjährige Alter dieser Patene, sondern vor allem die eingravierte Hand Gottes. Die Veranstalter wollten zum Ausdruck bringen, dass Gott mit seiner Hand das ehemalige Bistum Minden 1200 Jahre lang durch die Geschichte geführt hat. Mit der Wahl dieses wertvollen Hostientellers war auch die Bitte an Gott verbunden, die Stadt und das Land Minden weiterhin mit seiner richtunggebenden und bergenden Hand zu begleiten, so wie die Kirche an jedem Abend in der Komplet betet: Herr, auf dich vertraue ich. In deine Hände lege ich mein Leben.

Nächstes Objekt des Domschatzes: Ein modernes Prozessionskreuz mit 1000 Jahre alten Münzen

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