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Ein Buchdeckel, der unübersehbar ist

Benediktinerin Lioba Munz schuf 1994 kostbares Werk

Die Bibel bildet in allen Kirchen und christlichen Konfessionen die Grundlage ihrer Verkündigung. Viele große Gestalten der Geschichte haben sich zu ihr bekannt. ”Die Bibel ist mein edelster Schatz, ohne den ich elend wäre“ (Immanuel Kant). ”Die Bibel allein ist die Antwort auf alle unsere Fragen“ (Dietrich Bonhoeffer). ”Die Heilige Schrift lesen heißt von Christus Rat holen“ (Franziskus von Assisi). “Welches Buch hat Sie am meisten beeinflusst?“ wurde Bert Brecht gefragt. Seine Antwort: ”Sie werden lachen: die Bibel“. Und Martin Luther lehrt: ”Die Heilige Schrift ist in soweit Gottes Wort, als sie Christum treibet“. Wenn schon einzelne Christen sich so zeugnishaft zur Bibel bekennen, wie viel mehr dann erst die Gemeinde und die ganze Kirche? Auch die Liturgie der Kirche ist ohne das Wort Gottes undenkbar. Aber immer wieder muss es neu gedeutet und in die jeweilige Zeit gestellt werden.

Die Benediktinerin Lioba Munz schuf 1994 dieses Evangelistar.Auch Künstler unseres Jahrhunderts haben sich im Anschluss an die mittelalterliche Tradition angesprochen gefühlt, der Heiligen Schrift einen zeitgemäßen künstlerischen Rahmen zu geben. Die Mindener Domgemeinde verfügt über ein äußerst kostbares, modernes Evangelistar, das an besonderen Festen im Gottesdienst verwandt wird. Der Buchdeckel wurde von der Benediktinerin Lioba Munz aus Fulda im Jahre 1994 für die Domgemeinde gearbeitet. Der von 1988-2004 amtierende Propst (Paul Jakobi, Anm. von amtage.de) hat es zur Betonung des Wortes Gottes, zur Erhöhung der gottesdienstlichen Feierlichkeit und aus Dankbarkeit für die außerordentlich lebendige Gemeinde dem Mindener Dom geschenkt.

Die kunstvoll geschriebenen und bemalten Evangelientexte, die zum Gottesdienst in den Buchdeckel eingelegt werden, hat die Benediktinerin Erentrud Trost aus Varensell gestaltet. Sie behandeln die Evangelien der großen Feste des Kirchenjahres und der Heiligen, die zum ehemaligen Bistum Minden eine Beziehung haben. Alle auf Pergament handgeschriebenen Evangelien sind von Mitgliedern der Domgemeinde gestiftet worden.

Der hölzerne Buchdeckel ist mit einer Höhe von 47 Zentimetern und einer Breite von 32,5 Zentimetern und seiner künstlerischen Gestaltung im Kirchenraum unübersehbar. In diesem kostbaren Kunstwerk meldet das Wort Gottes seinen Anspruch an. Vorder- und Rückseite - ganz unterschiedlich gestaltet - sind von überragender Qualität. Beide Seiten, die durch einen Lederrücken gehalten werden, sind mit dunkelbraunem Leder überzogen. Innen sind die Buchdeckel mit dunkelockerfarbener Seide gefüttert. Die Mitte der Vorderseite bildet in Email die Darstellung Jesu als Weltenrichter und Lehrer. Um ihn sind die Jünger versammelt, denen er den Auftrag gibt: ”Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen“ (Mk 16,15 ). Die Kirche steht somit unter einem Sendungsbefehl, der am besten mit ”Evangelisierung“ umschrieben wird. Christus sitzt in hellblauem Gewand und rotem Umhang auf der Weltenkugel. Seine rechte Hand ist zum Segen erhoben, mit der linken stützt er die Schriftrolle auf sein Knie. Hinter seinem Haupt leuchtet der Kreuznimbus auf. Die vielen Heiligenscheine der Jünger füllen das Bild.

Die Rückseite des Evangelistars ziert ein byzantinisches Bronzekreuz aus dem 6. oder 7. Jahrhundert.Gespannt und aufmerksam lauschen die Apostel den Worten Jesu. Die Szene ist von rechteckigen silbervergoldeten Platten mit zwölf Zoisitsteinen umgeben, die die zwölf Apostel verkörpern. Die vier Rubine sollen auf die vier Evangelisten hinweisen. In der Mittelachse sind oben und unten zwei erzgebirgische Pestmedaillen (16. Jahrhundert) aus Silber angebracht. Die obere Münze zeigt den Paradiesbaum mit Adam und Eva; auf der nicht sichtbaren Rückseite ist Gottvater im Himmel dargestellt, zu dem auf einer Leiter die Engel emporsteigen. Der untere Taler zeigt Christus am Kreuz mit elf anbetenden Figuren; auf der Rückseite ist ein von der Schlange umwundenes Kreuz abgebildet. Alle Vorder- und Rückseiten sind jeweils mit Bibelworten beschriftet.

Die Rückseite des Buchdeckels überzeugt durch ihre schlichte Klarheit und majestätische Kraft. In der Mitte befindet sich ein sehr wertvolles byzantinisches Bronzekreuz aus dem 6. bis 7. Jahrhundert. Im Schnittpunkt dieses Kreuzes hat die Künstlerin eine byzantinische Goldmünze aus der Zeit Justinians II. (705-711) mit der Darstellung Jesu eingelassen. Auch hier ist seine rechte Hand zum Segen erhoben, während die linke das Buch des Lebens hält. Die runden Enden des goldenen Kreuzes zieren jeweils drei Berylle, Hinweis auf die zwölf Apostel. Die Eckzwickel schmücken vier goldene Rundmedaillons mit Saphiren, Hinweis auf die vier Evangelisten.

Die Rückseite des Evangelistars ziert ein byzantinisches Bronzekreuz aus dem 6. oder 7. Jahrhundert.Schwester Lioba Munz hat nur drei Buchdeckel für Evangelistare geschaffen: Für den Dom zu Speyer, die Abtei St. Maria in Fulda und den Mindener Dom.

Weiterführende Information: Benediktinerinnen-Abtei zur heiligen Maria in Fulda

Nächstes Objekt des Domschatzes: Minikelch und Patene für die Reise

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