Amtage.de - das Minden-Magazin

Petrus - der Papst

Figur stellt Besonderheit in der Domschatzkammer dar

Während es sich bei dem vorausgegangenen Exponat um eine Büste des heiligen Petrus gehandelt hat, wird hier eine ganze Petrusfigur vorgestellt. Einige Besonderheiten machen diese Figur zusätzlich interessant. Petrus wird als Papst dargestellt: Auf dem Kopf trägt er die Tiara; er ist mit Papstgewändern bekleidet; zu seinen Füßen befindet sich eine Kette. In seiner rechten Hand trägt er den Schlüssel, das Attribut des Petrus, in seiner linken die Heiligen Schrift, das Zeichen aller Apostel. Mit diesen beiden Attributen wird eine wichtige theologische Aussage über das Zueinander zwischen Petrus und seinen Aposteln und über das des Papstes und den Bischöfen gemacht. So wie Petrus damals dem Apostelkollegium vorstand, so steht der Papst heute als Bischof von Rom dem Bischofskollegium vor. Dieses Miteinander ist von hoher Sensibilität und bedarf einer ständig zu überprüfenden Balance.

Besonderheit: Petrus im Papstgewand.Die herausgehobene Stellung begegnet uns in vielen wichtigen Texten und Überlieferungen des Neuen Testamentes. Er ist der Zuerstgerufene und der zuerst Gesandte, er führt die Jüngerkataloge (vgl. Mk 3,16 par.) an, er tritt immer wieder als Sprecher der Apostel auf und sollte der felsige Grund der Kirche sein mit dem besonderen Auftrag, die Brüder zu stärken (Lk 22,32). Auch in den Osterberichten spielt Petrus als Erstzeuge der Auferstehung eine herausragende Rolle. Das 2. Vatikanische Konzil hat seine herausgehobene Stellung, die nach Auffassung der katholischen Kirche auf seine Nachfolger übergegangen ist, bestätigt, dabei vor allem seinen Dienst an der Einheit betont.  Das Konzil hat aber auch vor Fehlentwicklungen gewarnt, indem es erklärt hat, der Papst habe seinen Dienst nicht über der Kirche stehend, sondern als Glied der Kirche auszuüben. Er ist eingebettet in das Bischofskollegium der Kirche. Die Zuordnung wird in der Reliquienfigur wunderbar durch das Buch verdeutlicht, das er wie alle anderen Apostel als Attribut in seiner Hand hält.

Das Petrusamt ist in der heutigen Zeit der Ökumene ein entscheidender Kontroverspunkt im Gespräch mit den nichtkatholischen Kirchen. Weil Papst Johannes Paul II. das weiß, hat er in seiner Enzyklika "Ut unum sint" 1995 die evangelischen Christen zu einem "brüderlichen, geduldigen Dialog" eingeladen, zumal die Teilnehmer der 5. Weltversammlung ein Jahr vorher der Kommission "Glaube und Verfassung" des Ökumenischen Rates der Kirchen in Santiago de Compostella empfohlen hatten, "neue Untersuchungen über die Frage eines universalen Dienstamtes an der christlichen Einheit" anzustellen. Zweifellos liegt im Petrusamt das sichtbare Zentrum der kirchlichen Einheit begründet; allerdings sind kritische Fragen an die zentralistische und autoritäre Ausübung dieses Amtes, wie sie zur Zeit geschieht, zu richten. Es könnten durchaus Wege gefunden werden, die dem Wunsch Jesu nach Einheit der Christen entsprechen: "Alle sollen eins sein, ... damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast" (Joh 17,21).

Die vorhandene Petrusfigur, die aus Silber getrieben und in Westfalen gearbeitet wurde, ist im dritten Viertel des 15. Jahrhunderts entstanden; sie wird bereits am Ende des 14. und 15. Jahrhunderts in Bischofschroniken erwähnt. Die Figur erwächst aus einem sechseckigen Sockel, der mit vergoldeten Rosetten, Fischblasenornamenten und zwei zueinander geneigten Wappenschildern der Stifter verziert ist. Die üppige Kleidung, die sich quer über seinen Leib zieht, wird von beiden Händen gehalten. Das reichverzierte Buch in der Hand ist ein Hinweis auf die Bedeutung des Wortes Gottes, dem der Papst verpflichtet ist. Auf der Brust ist ein großer Bergkristall angebracht, hinter dem sich Reliquien befanden.

Auch das ovale Gefäß vor seinen Beinen ist für die Aufnahme von Überresten von Heiligen bestimmt. Das Gesicht des Petrus ist naturalistisch, Bart und Haare sind üppig und stark gelockt.

Auffallend ist die am Sockel befestigte Kette, die in Heiligenbüchern erwähnt und als Exponat der Mindener Schatzkammer bezeichnet wird. Vier Glieder dieser Kette nennt bereits der Mindener Chronist Hermann von Lerbeck Ende des 14. Jahrhunderts, von denen eines den Dominikanerinnen in Lemgo geschenkt wurde. Diese Kettenglieder werden mit dem hl. Petrus, der von den Römern eingesperrt und in Ketten gelegt worden war, in Verbindung gebracht. Nach dem Bericht der Apostelgeschichte wurde Petrus in der Nacht vor der Gerichtsverhandlung con einem Engel auf wunderbare Weise aus dem Kerker befreit (vgl. Apg 12,3-19).

Solche Wunder geschehen auch heute noch. Auf vielfache Weise sind Menschen angekettet, nicht mit Metall, aber durch Schicksale und Nöte. Häufig finden sich dann Engel, die sie aus ihrem Kerker befreien. Es müssen ja nicht Engel mit Flügeln sein.

Nächstes Objekt des Domschatzes: Statuette des heiligen Gorgonius

Top