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Die Gründungslegende geht weiter

Sachsenherzog Widukind und Kaiser Karl der Große.

„DISSE BORCH SCHALL NUN MYN UNDE DYN SEYN . . .“ - mit diesen Worten soll der Sachsenführer Widukind der Sage nach seine Festung am Weserufer dem Franken und späteren Kaiser Karl dem Großen übergeben haben. Dieses sagenumwobene Treffen markiert die Anfänge Mindens als Stadt und bietet eine Erklärung ihres Namens.

Vorausgegangen waren seit 772 die Eroberungsfeldzüge Karls im sächsischen Stammesgebiet, in denen die beiden Protagonisten sich als erbitterte Feinde gegenüber standen. Der Name Widukind wird erstmals 777 in den fränkischen Reichsannalen erwähnt, als Widukind nicht zu einem von Karl einberufenen Reichstag in Paderborn erschien, sondern sich der Unterwerfung und Zwangstaufe durch eine Flucht zu den „Nordmannen“ entzog und dann den Widerstand der Sachsen gegen die fränkische Unterwerfung erneut entfachte.

Seit 780 kam es zwischen Weser und Elbe wieder zu erbitterten Kämpfen, die 782 in der Schlacht am Süntel mit einer verlustreichen Niederlage für die Franken endeten. Die Folge war das Strafgericht Karls zu Verden, wo er 4500 sächsische Aufständische mit dem Tod bestrafte. Erneute Aufstände und Kämpfe fanden erst mit der Unterwerfung der Sachsen und der Taufe Widukinds 785 in Attigny in der Champagne ihr Ende.

Der bittere Beigeschmack der Niederlage eines tapferen Gegners wird gemildert durch ergänzende Schilderungen in den „Annales Mosellani“, die von Karls Patenschaft und großzügigen Geschenken für Widukind erzählen. Diese „Zusatzinformationen“ bilden den Kern für den wichtigsten Baustein der Legende, nämlich die Darstellung von Karl und Widukind als gleichwertige Handlungsträger.

Für ein erneutes Zusammentreffen von Karl und Widukind nach der Taufe in Attigny fehlen historische Belege, und auch für die Festung Widukinds gibt es keine gesicherten Spuren. Aber: 798 kam Karl nach Minden, um ein Heer gegen aufständische Gruppen aufzustellen. Und diese Ersterwähnung des sächsischen Minden in den fränkischen Reichsannalen zum Jahre 798 legt die Anfänge der Geschichte Mindens in die letzte Phase der langen kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Franken und Sachsen, zwischen Karl und Widukind und kann so gedanklich mit dem endgültigen Friedensschluss verbunden werden.

Verfeindete Völker, Heiden und Christen schienen nun versöhnt und es ist nachvollziehbar, dass die Min-Din-Legende, die sich in verschiedenen Variationen seit dem 14. Jahrhundert entwickelte, schon immer eine doppelte Attraktivität besaß: Nicht nur konnte Minden sich mit gleich zwei illustren Leitfiguren schmücken, die Stadt konnte und kann sich auch als Ort und Symbol des Friedens, der Versöhnung und Wiederherstellung der Ordnung verstehen.

Heute ermöglicht zudem die in der Legende angelegte "Doppelung" der Mindener Gründungsväter Widukind und Karl die Rückbindung an westfälisches Erbe und zugleich die Teilhabe an der Entwicklung eines einheitlichen Europas.

Legenden bemühen sich nicht um historische Fakten, sie schaffen Tradition und Identifikation.

Literatur: Marianne Nordsiek: Minda oder „min unde din“. Die Gründungslegende Mindens im historischen Kontext. In: Mitteilungen des Mindener Geschichtsvereins, 68, 1996, Seiten 7-30.

Verfasserin dieses Textes ist die Historikerin Dr. Marion Tüting, Minden

Die Gründungslegend zum Download als PDF-Datei

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